Welche Funknetzstandards werden sich durchsetzen?

Nur zwei bis fünf Prozent aller Türen werden durch ein Sicherheitssystem geschützt. Das Wachstumspotenzial in diesem Bereich, vor allem bei drahtlosen Sicherheitstechnologien, ist groß. Funknetztechnik erleichtert und vergünstigt die Installation von Sicherheitssystemen.

Für Sicherheitssysteme in Netzwerkumgebungen stehen eine Reihe unterschiedlicher Funknetzstandards zur Auswahl. Am bekanntesten sind natürlich die Platzhirsche Bluetooth und WiFi (besser bekannt als WLAN), aber auch die neue ZigBee-Technologie zeigt vielversprechendes Potenzial. Neben den standardisierten Lösungen gibt es eine Reihe herstellerspezifischer Lösungen wie Wavenis und Z-Wave. Jede Technologie hat ihre eigenen Stärken und Schwächen.

Für Martin Giebat, leitender Softwareingenieur für Plattform-Interkonnektivität bei ASSA ABLOY, ist klar, dass sich Funknetze sowohl für neue Installationen als auch für den Ausbau bereits vorhandener drahtloser Netzwerke eignen. „Durch den Verzicht auf Kabel werden Installationen viel billiger. Das ist vor allem bei Modernisierungen ein wichtiger Aspekt, wenn beispielsweise ein neues Netzwerk verlegt werden soll,“ meint er.

WiFi (802.11)
WiFi ist eine Zertifizierung von Funknetzwerken (WLANs) nach IEEE 802.11 und dient als Ersatz für Ethernet-Netzwerke. Kabelgestützte lokale Standardnetzwerke, wie etwa ein Server-Kartenleser-Verbund in einem Kaufhaus, können durch WiFi ersetzt werden. Das WiFi-Übertragungsprotokoll ist auch für die Videoüberwachung und andere Breitbandanwendungen geeignet. Im Vergleich zu anderen Netzwerkprotokollen ist der Stromverbrauch relativ hoch, so dass Wärmeprobleme und Batterielaufzeiten eine Rolle spielen können. WiFi-Netzwerke haben eine relativ geringe Reichweite. In geschlossenen Räumen können Entfernungen von 45 m und im Freien von 90 m überbrückt werden.

Die weit verbreiteten Standards 802.11b und 802.11g arbeiten auf dem 2,4-GHz-Frequenzband und sind damit anfällig für Einstrahlungen von Mikrowellenherden, schnurlosen Telefonen, Bluetooth-Einheiten und anderen Geräten, die auf der gleichen Frequenz senden.
Da sich der ursprüngliche WiFi-Verschlüsselungsstandard WEP (Wired Equivalent Privacy) auch bei ordnungsgemäßer Konfiguration leicht knacken lässt, verwenden die meisten Geräte mittlerweile den neuen WPA-Standard (Wi-Fi Protected Access).

Bluetooth
Bluetooth wurde als Ersatz für Kabelverbindungen entwickelt und kommt beispielsweise bei drahtlosen Headsets zum Einsatz. Im Batteriebetrieb sind Laufzeiten von bis zu einer Woche möglich. Der Übertragungsstandard zeichnet sich durch eine relativ hohe Bandbreite aus und ist auch für Audio-Anwendungen und Datenübertragungen geeignet.

Ein Bluetooth-Master kann mit bis zu sieben Slave-Geräten in einem Netzwerk („Piconet“) kommunizieren. Die Spezifikationen erlauben das Zusammenschalten von mehreren Piconets zu einem Scatternet. Dabei fungieren einige Geräte als Brücke, d.h. sie agieren in einem Piconet als Master und in einem anderen Piconet als Slave.

Bluetooth und WiFi nutzen den gleichen Frequenzbereich, haben aber unterschiedliche Anwendungsbereiche. Bluetooth eignet sich für Anwendungen mit kurzer Reichweite, bei denen ein geringer Stromverbrauch garantiert sein muss, während WiFi für Anwendungen mit höherer Bandbreite und größerer Reichweite geeignet ist, aber aufgrund des hohen Stromverbrauchs und der teuren Hardware auf lokale Netzwerke beschränkt ist.

ZigBee
Die Schmalband-Funktechnologie ZigBee sendet auf dem gleichen Frequenzspektrum wie WiFi und Bluetooth. Anders als WiFi oder Bluetooth kann ein ZigBee-Netzwerkgerät jedoch auch mit einer leistungsschwachen Batterie mehrere Jahre lang betrieben werden.

Die Bandbreite von 250 kb/s schränkt den Anwendungsbereich ein, ist aber für Sicherheitsanwendungen vollkommen ausreichend. Mit ZigBee sind Betriebsmodi möglich, die sich mit WiFi und Bluetooth gar nicht oder nur unter Schwierigkeiten realisieren lassen. Die Geräte können über sehr lange Zeit in einem Modus mit extrem geringem Stromverbrauch schlafen, beim Auftreten vordefinierter Ereignisse kurz aufwachen und eine Statusmeldung übertragen. Das Hochfahren aus dem Stromsparmodus und die Datenübertragung erfolgen in sehr kurzer Zeit und beanspruchen sehr wenig Energie. Die kurzen Aufwachzeiten und die Fähigkeit, über sehr lange Zeiträume in einem extrem stromsparenden Modus zu verharren, sorgen für einen sehr niedrigen Stromverbrauch.

ZigBee-Netze können aus sehr vielen Netzwerkknoten bestehen, so dass sich auch umfangreiche Industrie- und Gebäudenetzwerke realisieren lassen. Mit ZigBee können beispielsweise in einem Gebäude mehrere tausend Funkknoten für Beleuchtungssysteme, Sensoren und Fenster installiert werden.

Einige Knoten-Kommunikationsdetails sind noch nicht abschließend in den ZigBee-Spezifikationen geregelt und müssen direkt bei der Installation individuell gelöst werden.

Herstellerspezifische Lösungen
Neben den offenen Standards WiFi, Bluetooth und ZigBee gibt es eine Reihe proprietärer Lösungen. Wavenis von Coronis und Z-Wave von Zensys sind zwei bekannte Beispiele für herstellerspezifische Lösungen.

WAVENIS
Wavenis wurde von Coronis Systems als Bluetooth-Erweiterung entwickelt. Die Technologie setzt auf Bluetooth auf, ermöglicht durch eine Reihe von Stromsparfunktionen aber eine wesentlich längere Batteriebetriebsdauer. Wavenis erfüllt die Bluetooth-Spezifikationen, nimmt aber einige Modifikationen vor, um auch den Anforderungen an extrem stromsparende ULP-Anwendungen gerecht zu werden.

Die Technologie unterstützt eine Reihe unterschiedlicher Kommunikationsmodi, verzichtet jedoch auf das Master-Slave-Konzept von Bluetooth. Wavenis unterstützt Stern- und Baumtopologien sowie vermaschte Netzwerke. Jedes Gerät kann eine Kommunikation initiieren. Die Wartezeit zwischen Übertragungen beträgt zwischen 10 Millisekunden und 10 Sekunden und wird vom Anwender programmiert.

Wavenis ist zwar eine herstellerspezifische Lösung, setzt aber auf Bluetooth auf und kann mit Bluetooth-Piconets kommunizieren.

Z-Wave
Das Z-Wave-Protokoll von Zensys wurde hauptsächlich für Steuersysteme im Wohnbereich entwickelt. Z-Wave-Netzwerke können aus 5 bis 232 Knoten bestehen. Das System wurde für eine unkomplizierte Installation ausgelegt, da der Einbau in der Regel vom Hauseigentümer oder Mieter selbst vorgenommen wird. Bei der Entwicklung wurde auf eine kostengünstige Realisierung geachtet, damit sich das System auf dem Endverbrauchermarkt durchsetzen kann.

Z-Wave hat einen Durchsatz von 9600 Bit pro Sekunde. Die Steuerbefehle (für Schalter, Lichtdimmer usw.) bestehen aus wenigen Bytes und die Reaktionszeiten sind sehr kurz. Ein typisches Z-Wave-Netzwerk besteht aus wechselstrom- und batteriestromgespeisten Knoten. Batterien oder Akkus werden meist in Fernbedienungen, Sensoren und Schaltern verwendet, während Lampen und Steckdosen an das Wechselstromnetz angeschlossen werden. Die wechselstromgespeisten Knoten übernehmen das Routing und die batteriegespeisten Knoten schalten sich nur bei Bedarf ein. Dieser stromsparende Betriebsmodus sorgt für eine sehr lange Betriebsdauer der batteriegespeisten Knoten.

Z-Wave ist ein vermaschtes Netzwerk und kommt ohne Zentralsteuerung aus. Das Routing-Protokoll sorgt für die Weiterleitung von Steuerbefehlen über die einzelnen Knoten hinweg bis zum Endpunkt. Störquellen können leicht umgangen und die Netze einfach ausgebaut werden. Einzelnetzwerke lassen sich zu einem Komplettnetz zusammenschließen.

Z-Wave-Netzwerke werden bereits im großen Maßstab eingesetzt, aber wie bei jedem proprietären System ist das reibungslose Zusammenwirken von Produkten unterschiedlicher Hersteller nicht immer gewährleistet.

Zusammenfassung
Trotz unkomplizierter Hardware-Installation können Funknetzwerke nach wie vor Probleme bereiten. Die Datenübertragung kann durch Störstrahlungen behindert und die Reichweite durch Gebäudestrukturen eingeschränkt werden.
Giebat geht davon aus, dass es sich bei den ersten drahtlosen Sicherheitssystemen um relativ einfache Lösungen handeln wird. Denkbar sind beispielsweise drahtlose Türöffner oder Schlüsselanhänger, die per Funk mit dem Schloss kommunizieren. „Ein System, das nur aus Anhänger und Schloss besteht, ist unkompliziert, da es sich um ein simples Zwei-Knoten-Netzwerk handelt“, meint Giebat. „Schon bald werden die ersten proprietären Anwendungen und Spezialsysteme auf den Markt kommen“, erklärt der Softwarespezialist.

Langfristig werde die Interoperabilität zwischen den Produkten unterschiedlicher Anbieter immer wichtiger, so Giebat. Der Experte ist sich sicher: „Im intelligenten Gebäude der Zukunft werden viele unterschiedliche Netzwerkgeräte zum Einsatz kommen und wir brauchen ein offenes Protokoll zur Vernetzung dieser Geräte. Ein einzelner Hersteller ist nicht in der Lage, die gesamte erforderliche Technik zu entwickeln.“ Giebat geht davon aus, dass dieser Zustand in drei oder vier Jahren erreicht sein wird. „Kurzfristig sind proprietäre Lösungen für den weiteren Fortschritt wohl unverzichtbar, aber letztlich werden sich offene Standards durchsetzen“, erklärt Giebat.

 

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