Sicherheit durch Architektur
Jeder will sich zu Hause sicher fühlen können. Aber diese Sicherheit hat ihren Preis: So sind im Wohnungsbau die Budgets für Türschlösser, Sicherheitstüren, Überwachungstechnik und andere Sicherheitsanlagen meist viel kleiner als bei Gewerbeimmobilien und die Schutzmaßnahmen dürfen attraktive Wohneigenschaften wie große Sichtfenster oder Pflanzen als Sichtschutz nicht behindern. Für die New Yorker Architektin Barbara Nadel, Verfasserin des Buchs Building Security: Handbook for Architectural Planning and Design, ist klar: „Niemand will in einem Umfeld wohnen, das wie eine Kaserne aussieht.“
In den letzten Jahren sind Mieter und Hauseigentümer viel risikobewusster geworden – und das zwingt die Architekten, schon bei der Wohnungsplanung an die Sicherheit zu denken. Aus einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens Synovate im letzten Jahr geht hervor, dass die häusliche Sicherheit für 28 Prozent aller Amerikaner das wichtigste Wohnkriterium ist. Bei der Sicherheitsplanung können die Architekten auf bewährte Strategien zurückgreifen, sollten aber auch aktuelle Erkenntnisse berücksichtigen.
Die Lage ist wichtig
Die beste Gebäudeplanung ist eine Planung, die an Lage und Umfeld angepasst ist. Dieser alte Architektengrundsatz gilt auch bei der Wohnungssicherheit. „Architekten müssen die Nachbarschaft in ihre Planungen einbeziehen: Gibt es dort Unfall- oder Kriminalitätsschwerpunkte oder andere Gefahren, die bei der Sicherheitsplanung berücksichtigt werden müssen?“, meint Barbara Nadel.
Die Bau- und Landschaftsplanung muss diese Faktoren einbeziehen und den Bewohnern, aber auch potenziellen Kriminellen, den Eindruck vermitteln, dass die Gegend sicher ist – ein Konzept, das in den USA bei der Auswertung von Bauprojekten aus den 70er Jahren entstand und als Crime Prevention through Environmental Design (CPTED) bekannt ist. So ist es möglich, Wohnhäuser in Problemzonen mit sichtbaren Schutzfunktionen auszustatten – kleine oder verstärkte Fenster, verstärkte Türen, Sicherheitsschlösser und vandalensichere Überwachungskameras – und dadurch zu signalisieren, dass ein Einbruch schwierig ist. Bei Häusern in Zonen, die als sicher gelten, kann auf solche demonstrativen Schutzfunktionen verzichtet werden.
Es werde Licht
Für Eigenheime und Wohnungen in bevölkerten Stadtgebieten gelte jedoch das Prinzip „Sehen und gesehen werden“, meint Nadel. Wartende Menschen an Ampeln oder Bushaltestellen stellen einen „natürlichen Schutz“ dar, wenn eine Überwachung durch Sicherheitspersonal nicht möglich ist. Diese Abschreckung funktioniert relativ gut, da sich Kriminelle in der Regel leichtere Ziele aussuchen. Um das Sicherheitsgefühl in und vor Häusern zu stärken, können Eingänge und Einfahrten so platziert werden, dass sie leicht einsehbar sind. Parkplätze sollten im Sichtbereich von Fenstern liegen, Eingangshallen und Lobbies lassen sich durch Wände aus Glas schützen und eingezäunte Bereiche können begradigt werden.
Auch die Beleuchtung spielt eine wichtige Rolle. „Eine gute Ausleuchtung der Umgebung, egal ob bei freistehenden Häusern, Mehrfamilienhäusern oder Hochhäusern, verbessert die Sichtbarkeit und Kontrolle, besonders bei Türen, Dachluken, Parkplätzen und Garagen“ sagt Nadel. Die Lampen sind so anzubringen, dass „blinde Flecken“ bei Müllcontainern verhindert werden. Zu viel Licht ist zu vermeiden, da grelles Licht blenden kann und zu starker Schattenbildung führt.
Sobald die Beleuchtung, die Lage der Eingänge und Fenster sowie alle anderen wichtigen Fragen geklärt worden sind, können die passenden mechanischen oder elektronischen Sicherheitsanlagen ausgewählt werden. Hausbesitzer sparen eine Menge Geld, wenn sie die Kabel für die Sicherheitsanlagen bereits bei der Planung berücksichtigen. Mit speziellen Bauverfahren können Türen, Türrahmen und Fenster zusätzlich verstärkt werden, so dass die Schutzwirkung von Hochsicherheitsschlössern besser zur Geltung kommt. Bauherren sollten bei der Auftragsvergabe an Architekten darauf achten, dass diese Faktoren in der Planungsphase berücksichtigt werden.
Innengestalter dürften bei der Auswahl von Schlössern und Türen die Schutzfunktion nicht vernachlässigen, meint Andrew McGonigle, Bauleiter für die Northwestern-Universität in Chicago und Mitglied im Beirat der Fachzeitschrift ARCHI-TECH. „Einbrecher suchen immer nach den leichtesten Zielen. Hochsicherheitsschlösser, die nicht nur gut aussehen, sondern auch einen sichtbaren Schutz vor mechanischen Angriffen bieten, leisten einen guten Beitrag zu Abschreckung. Schlösser und Schlüssel, die sich nicht unbefugt kopieren lassen, stellen einen wirksamen Schutz vor Gelegenheitsverbrechern dar, selbst wenn sie versehentlich in falsche Hände gelangen.“
Kontrolle ist alles
Viele Besitzer von Eigenheimen legen großen Wert auf ihre Privatsphäre. Bewegungssensoren, Glasbruchsensoren und Magnetkontakte gehören zum klassischen Alarm-Arsenal von Sicherheitsanlagen. Leider betrage der Anteil der Fehlalarme bis zu 95 Prozent, meint Richard Clarke, Chef der Firma Good Harbor Consulting und früher nationaler Sicherheitsberater im Weißen Haus.
Dieses Problem lässt sich aber durch eine kostengünstige Onlineüberwachung in den Griff bekommen. „Moderne Videoalarmanlagen lassen sich an das Internet anschließen und können online überwacht werden, entweder vom Hausbesitzer oder von einem Sicherheitsdienst“, sagt Clarke. Diese Onlinekontrolle ist vor allem bei Bewohnern von Apartments beliebt: Der „virtuelle Portier“ erlaubt die Fernüberwachung durch Sicherheitsdienste. Die Wächter können Lieferanten hereinlassen oder die Polizei rufen, wenn ein Bewohner auf den Panikknopf drückt oder sie auf ihren Monitoren eine gefährliche Situation beobachten.
Natürlich reicht eine einzige Maßnahme nicht aus, um Sicherheit zu gewährleisten. „Nur die Berücksichtigung mehrerer Sicherheitsstrategien in der Planungsphase“, so Barbara Nadel, „führt zu einer wirklich umfassenden Sicherheit.“ Alle Elemente – Fenster, Türen, Schlösser, Sicherheitsanlagen, Lampen, Freiflächen und Wartung – tragen zu einem sicheren Heim bei. Im Idealfall entstehen die Communities, für die sich Experten wie Nadel und Clarke einsetzen: „Wohnliche Gemeinden, sicher und mit hoher Lebensqualität.“
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