Schwimmende Hotels
Die Sicherheitsanforderungen auf einem Kreuzfahrtschiff lassen sich am besten mit einem Hotel vergleichen, das auf einem Flughafen liegt. Die Passagierkabinen müssen die gleichen Anforderungen wie die Hotelzimmer erfüllen: Der Zugang erfolgt durch Sicherheitstüren, die Identität aller eintretenden und herausgehenden Personen wird protokolliert und die Gänge von Überwachungskameras kontrolliert.
Aber Hotels mit ihren Lobbys und Restaurants sind für die Öffentlichkeit zugänglich, während auf Schiffen strenge Zugangsbeschränkungen gelten. Deshalb gibt es bei Schiffsreisen, genauso wie bei Flugreisen, auch Bordkarten und Gepäck- und Personenkontrollen.
Dass gerade Kreuzfahrtschiffe sicherheitstechnisch stark gefährdet sind, ist seit langem bekannt, so Geoffrey Greaves. Der Chef der Beratungsfirma International Maritime Security weist auf das Kidnapping der Achille Lauro vor zwanzig Jahren hin, das die Internationale Schifffahrtsorganisation IMO veranlasst hat, Sicherheitsrichtlinien für Kreuzfahrtschiffe aufzustellen. „Seit dieser Entführung müssen Schiffe, vor allem wenn ihr Zielhafen in den USA liegt, bestimmte Mindestanforderungen erfüllen,“ erklärt Greaves.
Große Schiffe, neue Regeln
Nach dem 11. September wurden viele Sicherheitsszenarien durchgespielt, darunter auch ein terroristischer Angriff auf ein großes Kreuzfahrtschiff. Nach der Auswertung verabschiedete die US-Regierung das ISPS-Gesetz, das an alle Schiffe ab 500 Tonnen bestimmte Anforderungen stellt und das Anlegen in den USA nur erlaubt, wenn der letzte Hafen ebenfalls die ISPS-Vorschriften erfüllt.
Die neuen Vorschriften hätten allerdings, so Greaves, die Abläufe auf den Kreuzfahrtschiffen kaum geändert, da dort ohnehin die IMO-Richtlinien gelten, und moderne Schiffe würden bereits beim Bau mit Sicherheitstechnik ausgerüstet. „Die Glasfaseranschlüsse für die Kameras und die Kabel für den Metalldetektor am Ende der Gangway sind bereits eingebaut,“ erklärt der Consultant. „Ich habe kürzlich ein Schiff auf einer Werft besichtigt und sofort gesehen, dass die Gangway zu schmal ist. Moderne Gangways müssen so breit sein, dass ausreichend Platz für alle Sicherheitsvorrichtungen bleibt.“
An jedem Hafen verlassen Passagiere und Besatzung das Schiff und wenn sie nach dem Landgang wieder an Bord kommen, müssen sie sich einem Sicherheitscheck unterziehen. Bei einem großen Kreuzfahrtschiff können das durchaus 4000 Personen sein. Ihr Gepäck muss geröntgt werden, sie müssen durch einen Metalldetektor gehen, eine Personenkontrolle absolvieren und ihren Bordausweis durch einen Kartenleser ziehen, während ein Besatzungsmitglied das gespeicherte Personalfoto mit dem Karteninhaber abgleicht.
Die Sicherheitstechnik kann auch Fingerabdrücke auswerten, aber biometrische Fingerabdruckleser würden noch nicht eingesetzt, meint Preben Poulsen, 2. Geschäftsführer von VingCard Marine, einem Hersteller von Sicherheitssystemen für Schiffe: „Das Problem ist, dass sich nicht alle Fingerabdrücke gleich gut für die automatische Auswertung eignen. Wir bieten die erforderliche Technik zwar an, aber wahrscheinlich wird sie erst eingesetzt, wenn noch ein großes Unglück passiert.“
Wachsam bleiben
Fachleute sind erstaunt, dass es noch nicht zu so einem Unglück gekommen ist. Von 2000 bis 2005 sind die Fahrgastzahlen der Cruise Lines International Association von 7,2 auf 11,2 Millionen gestiegen. Vor fünf Jahren wurde der Tanker „Limburg“ im Jemen angegriffen und zerstört und auch in Indonesien gab es einige Angriffe auf Fähren, aber Kreuzfahrtschiffe blieben bislang verschont. Für Greaves steht fest, dass dies nicht an der hohen Sicherheit liegt. „Ich könnte Sie an Bord eines Schiffes bringen, wo Sie dann einen spektakulären Anschlag durchführen,“ meint er. Aus Erfahrung weiß er, dass die Schiffseigner nur schwer überredet werden können, die Sicherheit zu verbessern, solange alles gut läuft.
Die Sicherheitsmaßnahmen werden von den Passagieren durchaus gut aufgenommen. „Vor kurzem stand ich hinter einem Paar auf der Gangway,“ erzählt Greaves, „und als sie durch den Metalldetektor gingen, war überhaupt kein Sicherheitsverantwortlicher in der Nähe. Die Frau sagte zu ihrem Mann: ‘John, hoffentlich ist das Gerät auch eingeschaltet.’“
Es gibt immer noch blinde Passagiere, wenn ihre Anzahl auch abgenommen hat. „Eigentlich sollte an jeder Gangway ein Besatzungsmitglied zur Kontrolle stehen,“ meint Greaves. „Leider verlassen die Leute aber ab und zu ihren Posten, um schnell eine Zigarette zu rauchen.“ Für Besatzungsmitglieder müssen die Zugangskontrollen besonders streng sein. Bei einem Kunden von Greaves konnten sich erst kürzlich zwei blinde Passagiere an Bord schmuggeln. Die beiden hatten einfach behauptet, zum Sicherheitspersonal zu gehören. „Aber die Besatzung identifizierte die Eindringlinge mit Hilfe der Überwachungskameras und schickten sie am nächsten Hafen an Land.“
Die meisten Sicherheitsprobleme an Bord eines Schiffes hängen natürlich nicht mit terroristischen Angriffen zusammen. „Wir haben hier die unterschiedlichsten Delikte, vom Diebstahl bis zur Vergewaltigung,“ erklärt Greaves. „Anfang der 90er Jahre wurden nur die Zugänge von Kameras überwacht, aber jetzt gibt es auf vielen Schiffen fast in jedem Bereich Kameras, die Passagiere und Besatzung gleichermaßen kontrollieren.“ Wenn Passagiere behaupten, sie wären auf Deck ausgerutscht oder von einem Besatzungsmitglied sexuell belästigt worden, lässt sich das leicht anhand der Überwachungsbilder überprüfen.
So geht’s weiter
Die Entwicklung auf See folgt oft der Entwicklung an Land. So bietet die Firma VingCard ihre Onlineschlösser für alle Sicherheitsbereiche an und die Passagiere können mit ihrer Bordkarte auch einkaufen. „Früher waren Komfort und Bequemlichkeit die Triebkräfte für technische Entwicklungen, aber dann kam der 11. September,“ erinnert sich Preben Poulsen. Natürlich gäbe es auch einige Besonderheiten bei Schiffen: „Alle Schlösser haben zusätzlich einen mechanischen Zylinder, damit das System auch im Notfall zuverlässig funktioniert.“
Bei der weiteren Entwicklung werden sowohl Komfort als auch Sicherheit eine wichtige Rolle spielen. VingCard arbeitet momentan an einem Onlineschließsystem. Wenn momentan ein Passagier seine Karte verliert, muss das Türschloss manuell neu programmiert werden. Das Zugangsprotokoll wird bislang nur in den einzelnen Türschlössern gespeichert. Mit einem Onlinesystem ließe sich die gesamte Anlage zentral steuern.
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