RFID-Chips für kleine und große Tiere
RFID-Funkchips gibt es schon seit den frühen 80er Jahren, aber erst in letzter Zeit ist die drahtlose Überwachungstechnik in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangt, da sie mittlerweile auch in Supermärkten und Reisepässen eingesetzt wird. Das Schweizer Unternehmen Sokymat ist einer der weltweit größten Hersteller von elektronischen RFID-Transpondern für Tiere.
„Wir können jedes Tier kennzeichnen — von der Biene bis zum Bison,“ meint Jean-Miguel Robadey, Sokymat-Produktmanager für Tierprodukte in Granges in der Schweiz. Das Unternehmen stellt hauptsächlich RFID-Transponder für Haus- und Nutztiere her.
Sokymat-Technikvorstand Marc Bielmann geht davon aus, dass der Markt kurz vor einem rasanten Wachstumsschub steht. „Wenn irgendwo auf der Welt etwas schief läuft, können wir für eine bessere Sicherheit sorgen,“ erklärt er. „Unsere Technik hilft, wenn die Nachfrage nach Sicherheits- und Dokumentationslösungen steigt. Egal ob es sich um BSE oder Vogelgrippe handelt.“
Seit BSE muss die Identität und Abstammung von Kühen genau bestimmt und der Aufenthaltsort von Nutzvieh von der Geburt bis zur Schlachtung dokumentiert werden. Der Markt verlangt absolute Transparenz. Die klassischen Ohrmarken enthalten zwar die erforderlichen Informationen, aber elektronische RFID-Transponder (Sender) bieten den Vorteil, dass sich das Lesegerät nicht in der unmittelbaren Nähe des Tieres befinden muss. Zudem können die elektronischen Chips mit einer Datenbank abgeglichen werden und wesentlich detailliertere Daten enthalten.
Die passiven Transponder lassen sich aus einem Abstand von einem Meter lesen, das Vieh kann also automatisch an Toren oder anderen Durchgängen registriert werden. Die empfangenen Daten werden vom Lesegerät über Funk an die Datenbank des Bauernhofs gesendet.
Die Transponder zur Identifizierung von Nutzvieh können flache Spulen mit einem Durchmesser von 30 mm sein, die Sokymat an die Hersteller von Ohrmarken verkauft.
Eine andere Ausführung wird in einem Glasröhrchen in einer Keramikkugel („Bolus“) angeboten und unter die Nahrung gemischt. Die Kugel setzt sich im zweiten Magen ab und verbleibt dort. „Bei Kühen ist das Röhrchen 4 mal 34 mm groß und die Kugel hat ein Gewicht von mindestens 70 Gramm, da sie sonst wieder ausgestoßen würde“, erläutert Robadey. Die Größe hängt vom Tier ab. Das schützende Gehäuse soll so groß und widerstandsfähig wie möglich sein, ohne Unannehmlichkeiten zu verursachen.
Der Transponder sendet eine individuelle, unverschlüsselte Kennung aus. Die Sicherheit wird von der Datenbank gewährleistet, in der alle Angaben über das Tier gespeichert sind. Nur autorisierte Benutzer können auf die Daten zugreifen.
„Ein 15-stelliger Code gibt das Land und die ID des Tieres an,“ erklärt Bielmann. „Die Verteilung der Codes wird von Behörden gemäß ISO-Norm durchgeführt, in der auch die Sendefrequenz für Tier-Chips festgelegt ist (134,2 kHz).“ Robadey fügt hinzu: „Jeder Code muss von jedem Lesegerät auf der ganzen Welt lesbar sein. Sonst wäre das System nutzlos.“
„Einige Leute wollen den Code erweitern,“ meint Bielmann, „aber allgemein herrscht die Auffassung vor, dass die wichtigen Informationen in der Datenbank sein sollten, da sich diese leichter aktualisieren lässt, sicherer ist und weniger kostet.“
RFID-Chips für Tiere würden sich nur langsam am Markt durchsetzen, da ein großer Verwaltungsaufwand seitens der Behörden erforderlich sei und die Preise immer noch hoch wären. In der Anfangszeit ist das Verfahren freiwillig und muss von den Bauern teilweise selbst finanziert werden. Bielmann glaubt jedoch, dass die Bauern nach einer Weile die Vorteile sehen werden, die sich aus der Dokumentierbarkeit der Produkte ergeben. Früher oder später kann die RFID-Identifikation des Viehbestands durchaus per Gesetz vorgeschrieben werden. Ein entsprechender Trend zeichnet sich schon heute ab: Im September 2006 führt Kanada einen RFID-Chipzwang für nationale Rindertransporte ein und 2008 ist der Chip EU-weit für alle Schafe und Ziegen vorgeschrieben.
Die USA, die noch kein vollständiges Rückverfolgbarkeitssystem eingeführt haben, arbeiten an der Umsetzung einer nationalen Lösung. Auch in den USA hat BSE einen Schock ausgelöst. Japan und andere Geschäftspartner haben Rindfleischimporte aus den USA verboten, da es keine Möglichkeiten zur Früherkennung erkrankter Rinder gab. Das hat dazu geführt, dass Verbraucher, Behörden und Exporteure eine Rückverfolgbarkeit verlangten. Die Behörden arbeiten gegenwärtig an einem System, das wahrscheinlich RFID-Chips verwenden wird.
Durch die Rückverfolgbarkeit bieten sich weitere Einsatzmöglichkeiten. So können Schlachtunternehmen in Spanien überprüfen, ob es sich beim angelieferten Schlachtvieh wirklich um hochwertige Ibérico-Schweine handelt, denn diesen Schweinen wurde ein Chip in die Hufe injiziert.
RFID-Transponder überwachen auch die Nahrungsversorgung von Nutztieren. Hat ein Schwein oder Kalb die festgelegte Nahrungsmenge erhalten, unterbricht die automatische Nahrungsanlage die Zufuhr. „Da Schweine mit zu hohem Fettanteil an Wert verlieren, muss die Nahrungszufuhr gesteuert werden,“ erklärt Robadey.
Rund die Hälfte des Umsatzes, den Sokymat mit Tiertechnologie erwirtschaftet, stammt aus dem RFID-Chipverkauf für Nutzvieh, der Rest wird mit Technik für Haustiere und exotische Tiere erzielt. Auch Haustiere sind, so Bielmann, ein schnell wachsender Markt. In der Schweiz und in Neuseeland wird noch in diesem Jahr die elektronische Markierung von Hunden verbindlich. Jedes Haustier, das eine Landesgrenze in der EU überquert, muss einen Reisepass haben und durch eine Tätowierung bzw. einen RFID-Chip gekennzeichnet sein. Da immer weniger Tätowierungen vorgenommen werden, steigt die Nachfrage nach RFID-Technik.
Für Haus- und Nutztiere haben die Behörden eindeutige Kennungen definiert und in ISO-Normen festgehalten. Jedes Land hat seine eigene Datenbank; in Europa gibt es zusätzlich das europaweite System EuroPetNet. Nur autorisierte Nutzer haben Geräte zum Auslesen der Kennung. Findet jemand einen streunenden Hund, kann der Hundehalter nur von der Polizei oder einer anderen zuständigen Behörde ermittelt werden.
Die Haustierchips von Sokymat sind in Glasröhrchen mit 2 mm Durchmesser und 12 mm Länge untergebracht. Die Implantierung erfolgt schmerzfrei, allerdings beträgt der maximale Leseabstand aufgrund des relativ kleinen Transponders lediglich 12 cm. Da Haustiere im Gegensatz zu Nutztieren individuell betreut werden, ist dies in der Regel kein Problem.
„Der Markt hat ein riesiges Potenzial,“ meint Bielmann. „Die elektronischen Markierungen werden zunehmend von den Behörden empfohlen und in den USA sind erst 4 Prozent der 164 Millionen Hunde und Katzen markiert. Das Wachstumspotenzial ist enorm.“
Es gibt noch weitere Tiere, die Sokymat zu den Haustieren zählt, da ihnen ebenfalls die kleineren Chips implantiert werden können. So werden häufig auch Rennpferde und Brieftauben mit RFID-Chips markiert (bei Tauben wird der Chip durch eine Hülle aus Kunststoff geschützt und an einem Ring befestigt), um Wettkampfmanipulation auszuschließen.
Einige Chips werden zu Forschungszwecken eingesetzt, beispielsweise bei Meeresschildkröten. Die Schildkröten schwimmen einmal im Jahr zu den pazifischen Inseln und legen dort ihre Eier ab. Dort werden sie Jahr für Jahr bereits von Wissenschaftlern erwartet, die die einzelnen Tiere aufgrund der einmaligen RFID-Kennung auseinander halten können.
Fischzüchter markieren ihre besten Exemplare (ein guter Lachs hat einen Wert von mehreren hundert Euro) ebenfalls mit RFID-Chips, so dass die Fische überwacht, gewogen und auf unterschiedliche Zuchtbecken aufgeteilt werden können. Da es sich um ein abgeschlossenes System handelt, ist eine Wiederverwendung der Chips möglich.
Auch Labormäuse lassen sich mit einem kleinen Glasröhrchen (2 x 8 mm) markieren. In der Regel erfolgt die Kennzeichnung durch kleine Schnitte im Ohr, aber die Markierung mit RFID-Chips ist wesentlich sicherer. Der Sokymat-Produktmanager Robadey erklärt: „Mäuse mit bestimmten genetischen Eigenschaften können sehr wertvoll sein. Geht die individuelle Rückverfolgbarkeit verloren, können mehrere Forschungsjahre umsonst gewesen sein.“
Sokymat-Chips werden sogar für Bienen verwendet. Die Chips wiegen nur 18 mg und sind die kleinsten, jemals hergestellten Niederfrequenzchips. Das Anbringen der Chips ist nicht einfach: Die Biene wird durch Abkühlung ruhig gestellt und der Chip auf den Rücken geklebt. Auf diese Weise lassen sich nicht nur Königinnen überwachen, sondern auch Bienen, die Landminen aufgrund des darin enthaltenen TNT aufspüren.
„Die elektronischen Aspekte sind leicht beherrschbar, aber es erfordert viel Erfahrung, um für jedes Tier das richtige Produkt und die richtige Verpackung zu finden,“ meint Robadey.
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