Nahtlose Integration

Standardprotokolle machen die nahtlose Zusammenarbeit von Videoüberwachung und Zugangssteuerung möglich.

Viele moderne Gebäude sind mit Dutzenden Überwachungskameras, Sensoren und Steuereinrichtungen ausgestattet. Dunkle Bereiche werden von Infrarotkameras überwacht, für große Lobbys werden Kameras mit breitem Erfassungsbereich und hoher Auflösung benötigt, in sicherheitsrelevanten Labors kommen biometrische Scanner zum Einsatz und Fahrstuhltüren sind mit Magnetkartenlesern ausgerüstet.

Wenn jedes dieser Geräte unterschiedliche Kommunikationsprotokolle hätte, wäre die Zusammenstellung eines Gesamtsystems ein finanzieller, logistischer und technischer Alptraum.

Hier kommt die Physical Security Interoperability Alliance (PSIA) ins Spiel.

Zu PSIA gehören 67 Anbieter und Systemhäuser aus der Sicherheitsbranche. Sie haben sich vor zwei Jahren zusammengeschlossen, um Standardprotokolle für internetfähige Sicherheitsgeräte zu entwickeln.

Sobald sich diese Protokolle am Markt durchgesetzt haben, können Sicherheitsanbieter unter einer Vielzahl unterschiedlicher Geräte diejenigen auswählen, die am besten zu den Funktions- und Kostenvorstellungen ihrer Kunden passen. Die ausgewählten Geräte arbeiten nahtlos zusammen, der Anbieter ist bei seiner Auswahl also nicht mehr auf bestimmte Geräte beschränkt.

„Für uns war von Anfang an klar, dass die Lösung auf Anhieb und ohne Konfiguration funktionieren musste“, erinnert sich PSIA-Vorsitzender David Bunzel. „Einfach eine netzwerkfähige Kamera an ein installiertes System anschließen – das gab es bis dahin nicht.“

Vor dem Aufkommen der modernen Netzwerke arbeiteten die einzelnen Sicherheitskomponenten separat. Da die Geräte nicht miteinander kommunizierten, wurden auch keine Kommunikationsprotokolle benötigt, erklärt Bunzel. Mit der Einführung netzwerkfähiger Geräte wurde die Direktkommunikation zwischen den angeschlossenen Geräten theoretisch möglich, aber es gab keine Standards für eine reibungslose Zusammenarbeit.

Vor PSIA mussten Anwender, die Kameras von unterschiedlichen Herstellern in ihren Sicherheitsanlagen zusammenschalten wollten, die Kamerahersteller bitten, spezielle Treibersoftware zu schreiben.

Für die PSIA-Gründer war klar: Wenn alle Hersteller ihre Geräte mit identischen Protokollen ausstatten würden, wären kundenspezifische Treiber überflüssig.
Die Allianz unterteilte die Entwicklung von Netzwerkstandards in die Arbeitsgruppen Onlinevideo, Videoauswertung, Aufzeichnungs- und Inhalte-Management und Bereichssteuerung (einschließlich Einbruchserkennung und Zutrittssteuerung).

Die Arbeitsgruppe für Onlinevideos konnte als erste Spezifikationen vorlegen, die Aufzeichnungs- und Inhaltegruppe folgte als zweite und die anderen beiden Gruppen arbeiten noch an den Standards. Die ersten Vorschläge sollen demnächst der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Wie wird das Endprodukt aussehen?

Im März hatten die Besucher der ISC-Fachmesse in Las Vegas die Gelegenheit, als erste einen Blick auf die Entwicklung der neuen Internetprotokolle zu werfen.

Gemeinsam mit UTC Fire & Security und anderen Mitgliedsfirmen entwickelte PSIA eine Pilotlösung, die die Zusammenarbeit zwischen Videokameras und Zutrittssteuerungsanlagen ohne kundenspezifische Geräte- und Netzwerktreiber demonstrierte.

Das System besteht aus einem Kartenleser, einem Bedienfeld für die Zutrittssteuerung, Einbruchsalarmanlagen, einer Plattform für das Videomanagement und mehreren PSIA-kompatiblen Kameras. Alle Geräte kommunizierten nahtlos über das von PSIA entwickelte Netzwerkprotokoll.

„Alles hat reibungslos funktioniert und die neue Technik wurde sehr gut vom Publikum angenommen“, freut sich Andrew Bulkley, Produktmanager bei UTC Fire & Security. „Die Präsentation war gut besucht und die Anwesenden waren sehr interessiert.“

Aber nicht jeder Hersteller will die Netzwerkprotokolle schnell implementieren. Einige Firmen, die viel Geld in proprietäre Analogsysteme investiert haben, würden sich mit der Umsetzung der neuen Standards nicht allzu sehr beeilen, sagt Bunzel.

„Insgesamt setzen aber viele Hersteller auf die neuen Netzwerkstandards“, sagt er. „Die Unternehmen können die Vorteile von Internetprotokollen nicht ignorieren. Standards wie die PSIA-Protokolle erleichtern die Entwicklung von marktgerechten Lösungen.“

UTC Fire & Security hat sich für den PSIA-Standard entschieden. „Für die Hersteller bringen Standards den Vorteil, dass bestimmte Entwicklungsarbeiten nur einmal gemacht werden müssen“, erklärt Bulkley. „Der Hersteller bringt ein Gerät auf den Markt und entwickelt dann das nächste. Um das alte Gerät muss er sich nicht mehr großartig kümmern; es ist nicht nötig, spezifische Treiber für unterschiedliche Anwendungsbereiche zu schreiben. Und genau das nahm bisher einen Großteil seiner Ressourcen in Anspruch.“

Der einzige erkennbare Nachteil von PSIA ist für Bulkley die Tatsache, dass der Standard noch neu ist. In der ersten Zeit stießen die Entwickler oft an technische Grenzen. Zutrittssteuerungen generieren sehr viele Sicherheitsmeldungen und in der Frühphase der Entwicklung brachten die vielen Meldungen die PSIA-Technik manchmal aus dem Tritt. „Aber das sind normale Wachstumsschmerzen“, weiß Bulkley.

Und während die Entwickler diese Wachstumsschmerzen ausmerzen, arbeitet ein zweiter Branchenverband an einem ähnlichen Protokollsatz: Das Open Network Video Interface Forum (ONVIF) entwickelt eigene Internetprotokolle speziell für Videoanwendungen. David Bunzel lobt die Arbeit des ONVIF. Gemeinsam würden ONVIF und PSIA Spezifikationen entwickeln, die den Einsatz von Internetprotokollen in der Sicherheitsbranche fördern.

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