Mehr Sicherheit in der Wohnung
Die Heimautomatisierung ist ein Wachstumsmarkt. Ein Großteil der neuen Automatisierungstechnik setzt auf bereits installierten Sicherheitslösungen auf. Mit ihrer Fernbedienung können Anwender jetzt nicht nur Fenster und Türen schließen, sondern auch Strom sparen, sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern und die Haustür öffnen.
Ihre Tochter hat die Wohnungsschlüssel vergessen. Jetzt sitzt sie auf den Stufen vor dem Haus und ruft Sie mit dem Handy an. Es wird langsam dunkel und kalt. Sie ärgern sich, denn Sie müssen jetzt schnell nach Hause fahren oder Ihre Tochter weiter in der Kälte warten lassen … hoffentlich macht sie das nie wieder!
Wenn Sie die neueste Heimautomatisierungstechnik haben, gibt es aber noch eine weitere Möglichkeit: Sie setzen sich an Ihren Bürorechner, machen ein paar Klicks und schon öffnet sich zu Hause die Wohnungstür! Ihre Tochter kann sich glücklich schätzen, so fürsorgliche Eltern zu haben.
Sam Lucero ist überzeugt, dass die neue Heimtechnik kurz vor ihrem Durchbruch steht. Der Spezialist für intermaschinelle Kommunikation (M2M) bei ABI Research glaubt, dass bis 2012 in den USA und Kanada bereits mehr als eine Millionen Heimautomatisierungsanlagen installiert sein werden. Das wären dreimal so viel wie 2008. Bis 2014 soll sich die Anzahl dann noch einmal verdoppeln.
Viele dieser Anlagen, sagt Lucero, arbeiten mit der bereits installierten Haussicherheitstechnik zusammen. Sie sind an Notfallzentralen angeschlossen, die bei Bedarf für schnelle Hilfe sorgen. „In vielen Häusern, in denen eine kundenspezifische Heimsteuerungsanlage installiert werden soll, gibt es bereits Sicherheitstechnik“, erklärt er. „Die großen Sicherheitsdienstleister bieten entsprechende Steuerungs- und Überwachungstechnik in ihren Basispaketen an.“
Einige große Anbieter nutzen proprietäre Kommunikationssysteme, aber es gibt gute Gründe, andere Wege zu beschreiten. Das gilt vor allem, seitdem der Baumarkt infolge der Wirtschaftskrise zusammengebrochen ist. Jim Gist, bei Control4 für die Entwicklung von Haussteuertechnik zuständig, erklärt: „Die drahtlose Kommunikation erlaubt die nachträgliche Installation von Anlagen ohne bauliche Änderungen.“
Control4 hat sich für den Opensource-Standard ZigBee entschieden, einem der beiden etablierten Kommunikationsprotokolle für die Heimautomatisierung. Z-wave (der andere Standard) und ZigBee sind Protokolle für drahtlose Netzwerke, in denen Heimtechnikgeräte miteinander kommunizieren können. Hinter beiden Systemen steht ein Kreis von Unternehmen, die ihre Protokolle lizenziert haben, damit ihre Technik mit allen anderen Geräten aus der gleichen Familie kommunizieren kann.
Die Anbindung an WLAN oder Ethernet erfolgt über ein Gateway. Auf diese Weise wird die Sicherheit und Zuverlässigkeit erhöht, denn das Gateway verhindert Angriffe auf das Hauptsystem.
Die Kommunikation wird zunehmend wichtiger. Immer mehr Kunden erwarten von den Sicherheitsanlagen, die ausschließlich mit herstellereigenen Kommunikationsprotokollen arbeiten, dass eine Fernabfrage über das Internet oder mit Handys möglich ist. Da dazu die Signale der Haustechnik in offene Formate umgewandelt werden müssen, entwickeln die Anbieter kleine IP-Stacks, die für einfache Geräte wie Schlösser und Lichtschalter geeignet sind und Direktverbindungen zwischen IP-Endpunkten erlauben. Eine Arbeitsgruppe, die sich mit diesem Thema beschäftigt, ist `IP for Smart Objects? (IPSO).
Bislang beherrschen Z-wave und ZigBee den Markt fast vollständig. Sam Lucero erklärt: „Traditionelle Unternehmen verwenden für die zentralen Sicherheitsfunktionen eigene Funkprotokolle, aber früher oder später werden sie Gateways für Z-wave und ZigBee hinzufügen, damit die Heimautomatisierungstechnik eingebunden werden kann.“ Für Niels Tybo Johansen, Technologievorstand von Zensys (das mittlerweile zu Sigma Designs gehört), ist klar, dass Unternehmen nicht immer eigene Produkte entwickeln müssen, sondern sie auch auf dem Markt einkaufen können.
Schon heute ist das Angebot vielfältig: Per Fernbedienung kann der Anwender seine Lieblingsmusik einschalten und das Licht dimmen. Einige Anlagen schalten sogar automatisch nach fünf Minuten das Licht aus, sobald alle Personen den Raum verlassen haben. Die Anlage kann dem Anwender eine SMS schicken, wenn pflegebedürftige Angehörige morgens den Kühlschrank nicht mehr öffnen. Der Anwender kann sich, auch wenn er im Bett liegt, automatisch alle Personen anzeigen lassen, die sich dem Haus nähern. Diese Funktionen stärken das Sicherheitsgefühl.
Aber, so Johansen: „Große Dienstleister bieten noch mehr Sicherheit.“ Nur professionelle Anbieter können Sicherheitspersonal stellen. Der Anwender kann die Überwachungsanlage zwar selbst steuern, aber was passiert, wenn er nicht am Rechner sitzt oder sein Handy ausgeschaltet hat? Wer kümmert sich dann um die Sicherheit?
Dennoch reicht dieser Basisschutz vielen Anwendern aus, denen professionelle Sicherheit zu teuer ist. Neue Entwicklungen machen die Technik noch attraktiver. Stromversorger und Telekommunikations- und Breitbandanbieter sind erst seit relativ kurzer Zeit auf dem Sicherheitsmarkt präsent. Sie haben dafür gesorgt, dass ein breiterer Personenkreis überhaupt erst von den neuen Möglichkeiten erfährt. Stromversorger bieten die Heimautomatisierung zusammen mit intelligenten Stromzählern an, während Telekommunikations- und Breitbandanbieter durch ihre Telefon- und Internetpakete Zugang zum Kunden haben.
„Die Anbieter können übersichtliche Gesamtpakete schnüren und ihre Kunden auf den Zusatznutzen hinweisen“, sagt Lucero: „Das Hauptmotiv ist natürlich die Kundenbindung.“ Jetzt stünden die Anbieter vor der Aufgabe, passende Angebote zu entwickeln und sich Gedanken über deren Präsentation zu machen. Dabei werden sie von der Sicherheitsbranche unterstützt, die mit neuen, gebührenpflichtigen Dienstleistungen auf den Markt drängen.
Johansen weiß, dass drahtlose Systeme für die Abomodelle besonders geeignet sind: „Kunden bekommen die Technik oft kostenlos gestellt und zahlen eine Monatsgebühr. Installation und Einrichtung müssen so kostengünstig wie möglich sein.“
Die Heimautomatisierung begann mit der Automatisierung im Wohnzimmer, mit Fernbedienungen für Fernseher, Jalousien, Lampen und Heizkörper. Künftig wird, glaubt Gist, die Sicherheit eine wichtigere Rolle spielen: „Netzwerkkameras überwachen die Wohnung, Fenster und Türen schließen und öffnen sich auf Knopfdruck und der Anwender kann sich überall auf der Welt über den aktuellen Status in seiner Wohnung informieren – das ist ein deutliches Mehr an Sicherheit. Die Heimautomatisierung ist nicht mehr auf das Wohnzimmer beschränkt. Sie wird im ganzen Haus zunehmend wichtiger.“
Von Michael Lawton
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