CCTV over IP

Videoüberwachung findet immer häufiger auf Basis von IP-Netzwerken statt. Weltweit sind bereits über eine halbe Million IP-Netzwerkkameras im Einsatz. Analysten gehen davon aus, dass in zwei Jahren über 50 Prozent aller installierten Sicherheitskameras über IP-Netzwerke angesteuert werden.

CCTV over IP ist einer der am schnellsten wachsenden Bereiche der Netzwerksicherheit. Unternehmen, die alle Vorteile von IP-Sicherheitssystemen ausschöpfen wollen, müssen ihren Sach- und Personenschutz enger an die IT-Infrastruktur koppeln und dafür sorgen, dass das Sicherheitsmanagement seine IT-Kompetenzen ausbaut.

„Der Betriebsschutz verschmilzt langsam mit der Netzwerksicherheit,“ meint Johan Lembre, stellvertretender Leiter Produktmanagement bei Axis Communications. „Oft ist ein- und derselbe Mitarbeiter für diese Aufgaben zuständig.“ Bei einer kürzlich von ASSA ABLOY durchgeführten Untersuchung stellte sich heraus, dass sechs von acht Sicherheitsmanagern einen EDV-Hintergrund haben.

Auslöser für die Umstellung von der analogen Videoüberwachung auf IP-Netzwerke sind meist Effizienzsteigerungen. In herkömmlichen CCTV-Netzwerken mit Punkt-zu-Punkt-Architektur wird Koaxialkabel verwendet. Wenn der Betreiber eine neue Kamera installieren will, muss auch ein neues Kabel zwischen Kamera und Kontrollzentrale verlegt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass Standardkameras nur in Gruppen von 16 Kanälen hinzugefügt werden können. Im Gegensatz dazu teilen sich IP-Kameras ein einziges Ethernetkabel und lassen sich auch deutlich einfacher installieren: Die neue Kamera wird einfach an die nächste freie Ethernet-Buchse angeschlossen. Die meisten Unternehmen sind gut verkabelt, so dass in der Regel keine zusätzlichen Anschlüsse verlegt werden müssen. Moderne PoE-Netzwerkkameras (PoE = Power over Ethernet) beziehen ihren Betriebsstrom direkt über das Ethernetkabel, so dass ein gesondertes Stromkabel entfallen kann. An Orten, an denen eine Kabelverlegung nicht möglich ist, erfolgt die Datenübertragung drahtlos über WLAN.

Nach Untersuchungen der J.P. Freeman Company werden bereits im nächsten Jahr mehr IP-Kameras als Analogkameras verkauft. Für 2008 erwartet das Unternehmen, dass doppelt so viele IP-Netzwerkkameras wie klassische Analogkameras verkauft werden. Rund 25 Prozent aller Nutzer von Sicherheitskameras in den USA setzen bereits Netzwerkkameras ein, während 45 Prozent den Kauf der neuen Technik planen.

„Axis ist seit zehn Jahren im Geschäft,“ meint Lembre, „aber in den letzten 18 Monaten ist der Markt förmlich explodiert. Alle großen Sicherheitsanbieter reden über IP-Netzwerke und immer mehr Großkunden setzen verstärkt auf IP-Netzwerke.“

Axis konnte den Absatz von netzwerkbasierten Videosystemen im Vorjahr um 55 Prozent und im ersten Quartal dieses Jahres sogar um 60 Prozent steigern. Branchenexperten gehen davon aus, dass der Markt für IP-Videonetzwerke in den nächsten Jahren um 40 Prozent wächst.

IP-Kameras bieten nicht nur wirtschaftliche Vorteile. Die Videostreams der CCTV-Kameras können nicht nur in der Kontrollzentrale, sondern praktisch an jeder Stelle des Netzwerks abgegriffen und ferngesteuert werden. Redundant ausgelegte Netzwerke steigern die Zuverlässigkeit. Da für die Datenübertragung normierte Protokolle zum Einsatz kommen, lassen sich die Videodaten mit preisgünstigen, handelsüblichen Geräten archivieren. Der Anwender ist nicht auf bestimmte Lieferanten festgelegt, kann sich seine eigenen Lösungen zusammenstellen und bei Bedarf neue Technik nachkaufen. Die Konvergenz von CCTV-Kameras und IP-Systemen erleichtert die Systemintegration: Videoüberwachung, Zutrittskontrolle, Klimaanlage, Daten-, Video- und Sprachkommunikation lassen sich über ein einziges Netzwerk steuern.

Die neuen Technologien schaffen auch neue Möglichkeiten. Insbesondere bei der Sicherheit können Konvergenzvorteile realisiert werden, da das CCTV-Netzwerk die gleiche Sicherheitstechnik nutzen kann, die auch die Unternehmensdaten schützt. Die Firewalls, VPNs und Authentifizierungssysteme, mit denen ein Unternehmen seine Daten, E-Mails und Telefonate schützt, lassen sich auch zum Schutz der Videostreams einsetzen, und Sicherheitsmerkmale wie Passwortschutz oder Verschlüsselung gehören ohnehin längst zu den Standardfunktionen moderner Netzwerkkameras. In die aufgezeichneten Videodaten kann die MAC-Adresse der Kamera eingebunden werden, die eine zuverlässige Lokalisierung der Kamera ermöglicht und die Aufzeichnung vor Manipulationen geschützt.

Da ein Einsatz der Kameras auch in gemischten Netzwerken möglich ist, kann der Betreiber seine Technik schrittweise auf ein IP-Komplettsystem umstellen. Eine der größten Anlagen dieser Art wurde auf dem Sydney Airport in Australien installiert. Früher bestand das Sicherheitsnetzwerk des Flughafens aus mehreren hundert Analogkameras. Die einzelnen Videostreams wurden von einer digitalen Videoserver-Lösung zusammengeführt, die Axis entwickelt hatte. Da die Videoserver einen integrierten Webserver haben, kann jeder Server eine eigene IP-Adresse erhalten und in das Ethernet-Netzwerk des Flughafens eingebunden werden. Durch die IP-Videoserver wird der Austausch veralteter Analoggeräte gegen neue Netzwerkkameras zu einer einfachen Sache.

Ein vollständig IP-basiertes System erlaubt die Installation von Videoüberwachungseinrichtungen auch an schwer zugänglichen Orten. So wurden in der Stockholmer U-Bahn bereits dreihundert Netzwerkkameras installiert und nach Abschluss der Installationsarbeiten sollen sogar bis zu zweitausend Kameras im Einsatz sein. „Mit Analogtechnik wäre das ein extrem teures Projekt geworden,“ meint Lembre. „Aber da es schon ein Glasfasernetzwerk in den U-Bahn-Tunneln gab, war die Sache nicht weiter kompliziert. Die Steuerzahler werden sich über die Einsparungen gefreut haben.“

 

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